Ein zentrales Element unseres psychischen Bauplans ist, dass wir fühlen. Am liebsten gut. Warum konzentrieren wir uns dann nicht unmittelbar auf unsere guten Gefühle? Weil wir dafür Gelassenheit lernen müssten.
Wenn wir nicht das bekommen, was wir gerne hätten, stellen sich ungute Gefühle ein. Und weil wir unser Glück meist in äußeren Dingen suchen, wie einer glücklichen Liebesbeziehung, beruflichem Erfolg, der Anhäufung von Geld und den schönen Dingen, die wir uns damit kaufen können, ziehen uns äußere Widrigkeiten oft runter. Würde es uns aber gelingen, unser Gehirn so zu beeinflussen, dass wir mit dem, was gerade ist – was auch immer es ist –, zufrieden wären, dann hätten wir deutlich weniger Probleme. Bleibt die Frage, wie gelingt uns das? Wie können wir unser Gehirn auf Zufriedenheit programmieren?
Der Psychologe Jens Corssen spricht in diesem Zusammenhang von „gehobener Gestimmtheit“. Er sagt richtigerweise, dass vieles im Leben eine Frage der persönlichen Entscheidung ist. Wenn ich mich für die Fahrt mit dem Auto entschieden habe, dann habe ich mich in gewisser Weise auch für einen möglichen Stau entschieden. Anstatt mich über die Verzögerung zu ärgern, sollte ich mir lieber sagen: Ich habe mich für das Auto entschieden, also nehme ich auch einen Stau in Kauf. Und wenn ich mich darüber aufrege, dass mein Partner ständig auf dem Fußballplatz steht, sollte ich mich daran erinnern, dass ich mir einen fußballbegeisterten Mann ausgesucht habe.
Ein Gedanke macht den Unterschied
Das Corssen-Prinzip ist so einfach wie genial. Es geht um die radikale Annahme der eigenen Lebensentscheidungen oder eben darum, eine neue Entscheidung zu treffen. Die Grundidee ist, dass wir unsere Emotionen kontrollieren können und weniger die äußeren Umstände wie Staus und fußballverrückte Partner, auf die wir in der Regel eh keinen Einfluss haben. Was nicht bedeutet, dass wir mit dem, was wir akzeptieren, einverstanden sind. Wenn wir uns mit etwas abgefunden haben, geht es vielmehr darum, dass wir in dem Moment die freie Wahl haben, wie wir mit den Gegebenheiten umgehen wollen. Wir treffen die Entscheidung, wie wir die emotionalen Trigger in unser Leben einbinden, wie wir auf sie reagieren wollen. Denn unsere Einstellung und unsere Verhaltensweisen bestimmen wir allein.
Indem wir akzeptieren, dass uns etwas Ungutes widerfahren ist, haben wir bereits den ersten Schritt zu einer positiven Bewältigung getan. Hier wird auch von Coping gesprochen ein psychologischer Fachbegriff, der aus dem Englischen übernommen wurde, und meint, dass man mit etwas fertig wird, also klarkommt. Dabei kann ein einziger Gedanke den Unterschied ausmachen, lautet eine Erkenntnis aus der Hirnforschung. Unser Gehirn unterscheidet nämlich nicht, ob ein Gedanke gut oder schlecht ist, ob wir etwas befürchten oder herbeisehnen. Es richtet sich in seinen Entscheidungen lediglich nach dem, was in unserem Kopf vorgeht. Wir können uns also gar nicht anders verhalten, als unser Denken vorgibt, auch nicht anders fühlen. Wenn wir der Meinung sind, dass wir keinen Einfluss auf das Geschehen haben, zum Beispiel auf den Stress bei der Arbeit, dann sind wir auch tatsächlich machtlos. Ein Gefühl, das inneren Stress auslöst. Wenn wir aber denken, dass wir schon früher oder später eine Lösung finden werden, haben wir uns gegen diesen Stress und gleichsam dafür entschieden, unsere Aufgabe zu bewältigen. Eine Entscheidung, die nicht zuletzt mit guten Gefühlen belohnt wird.
Wenn unsere Gedanken von der Realität abweichen
Wenn ich mich morgens auf eine Tasse Kaffee freue und dann feststelle, dass die Kaffeemaschine kaputt ist, dann stellt sich bei mir Verdruss ein. Wenn ich mir zum Geburtstag eine Halskette gewünscht habe und bekomme stattdessen ein Bügeleisen, dann bin ich enttäuscht. Und wenn ich unerwartet ein sehr nettes Kompliment erhalte, dann freue ich mich. Klingt banal? Dennoch kann man aus diesen Beobachtungen etwas Wesentliches ableiten: Unser Gefühlsleben wird stark von unseren Erwartungen und Wünschen auf der einen Seite und der Wahrnehmung der Realität auf der anderen Seite bestimmt. Kurz gesagt fühlen wir uns mies, wenn etwas schlechter kommt, als wir es erwartet oder uns gewünscht hatten. Und wenn unsere inneren Erwartungen und Wünsche von der Realität abweichen, dann entsteht Inkonsistenz.
Auf der Gefühlsebene erleben wir Inkonsistenz als eine Form der inneren Anspannung. Man kann das mit einem Gummiband vergleichen: Der Wunsch zieht in die eine Richtung, die Realität in die andere. Je stärker hierbei der Wunsch und je größer die Abweichung von der Realität, desto mehr Spannung entsteht. Inkonsistenz und der damit einhergehende Stress sind die Grundlage für ungute Gefühle und psychische Probleme. Dabei lösen physikalische Stressoren wie Lärm, Kälte, übermäßige Hitze oder Unfälle bei allen Menschen ein gewisses Maß an Stress aus, während das Empfinden vom psychischen Stress stark von der subjektiven Bedeutung abhängt, die wir einem Ereignis beimessen. Während nämlich physikalischer Stress durch messbare Veränderungen in der äußeren Welt ausgelöst wird, so entsteht psychischer Stress innerhalb unseres Gehirns, also in unserer Gedankenwelt.
Unsere Chance auf Glück
Und genau hier liegt unsere Chance, Gelassenheit zu lernen und unser Gehirn auf Zufriedenheit, ja sogar auf Glück zu programmieren. Denn ändern wir unsere Gedanken, ändern wir unser Stressempfinden und damit auch unsere Gefühle.
Glaubenssätze wie
- Ich akzeptiere die Dinge, die ich nicht ändern kann
- Ich bin gerade gut so, wie ich bin
- Ich schaffe das schon
- Ich kann meinen Fähigkeiten vertrauen
- Ich treffe die für mich passenden Entscheidungen
lehren uns, gelassener mit Stress umzugehen. Mehr noch. Mit diesen Gedanken in unserem Kopf, lassen wir Stress gar nicht erst aufkommen und entziehen damit auch vielen unguten Gefühlen ihre Grundlage. Wie gesagt, ein Gedanke macht den Unterschied, sofern wir uns den wie ein Mantra immer wieder ins Gedächtnis rufen.