Manche Menschen haben das Gefühl, in Gesellschaft anderer immer eine gewisse Rolle spielen zu müssen. Sie wollen immer nur ihr »vorzeigbares Ich« präsentieren und es allen Recht machen. Das kann dazu führen, dass sie gar nicht mehr so genau wissen, wer sie eigentlich sind und was sie wollen. Dann hilft es, eine Art innere Inventur zu machen.
Wir alle sehnen uns nach Anerkennung und Respekt. Im Privatleben und im Job. Und wir alle haben verinnerlicht, dass wir dafür hinreichend klug, nett, witzig, schön und erfolgreich sein müssen. Schwäche zu zeigen, ist dabei nicht vorgesehen – besonders im Berufsleben gilt das nach wie vor als verpönt. Mithilfe sorgsam antrainierter Verhaltensweisen versuchen wir also unsere schwachen Momente so gut wie möglich zu verbergen. Wir zeigen nur unsere vermeintlich starken Seiten. Wir zeigen die Fassade, von der wir annehmen, dass sie uns liebenswert macht. Diese Schutzstrategie hat deshalb auch den Effekt, dass wir nicht authentisch sind – beziehungsweise nur partiell authentisch.
Um im Leben und in der Liebe glücklich zu werden, muss man sich aber trauen, ein authentisches Leben zu führen! Allerdings wissen wir manchmal gar nicht so genau, was uns eigentlich ausmacht.
Diese drei Tipps helfen dabei, eine Art innere Inventur zu machen.
Tipp 1: Überprüf deinen Umgang mit deinen Gefühlen!
Nimm dir bitte einen Zettel und einen Stift und mach eine Bestandsaufnahme: Welche Gefühle darfst du fühlen, welche sind dir fremd oder verboten? Wut, Trauer, Hilflosigkeit, Freude, Stolz, Mitleid, Liebe, Enttäuschung, Angst, Scham, Schuld, Neid und Schadenfreude. Erlaubst du dir diese Gefühle? Wie gehst du mit ihnen um? Halt das bitte schriftlich fest.
Geh anschließend bitte deine Aufzeichnungen durch und überleg dir, welche Gefühle bei dir zu Hause erwünscht waren und welche nicht. Wie sind deine Eltern mit deinen Gefühlen umgegangen? Überleg dir bitte, was du selbst für angemessen hältst. Erlaube dir, alle Gefühle zu fühlen!
Tipp 2: Was zeichnet deinen Charakter aus?
Viele Menschen denken und handeln in Rollen: im Beruf, in der Familie, im Freundeskreis. Auch in Liebesbeziehungen spielen sie eine Rolle, um zu gefallen. Ich möchte dich einladen, deine eigentliche Persönlichkeit zu reflektieren und zu notieren, welche Charaktereigenschaften bei dir besonders ausgeprägt sind. Ich nenne dir mal ein paar Eigenschaften, um dir zu helfen, die Frage zu beantworten: optimistisch, hilfsbereit, ungeduldig, schüchtern, harmoniebedürftig, ehrlich, ehrgeizig…. Frag dich dann, welchen Einfluss dein Elternhaus auf deine Charaktereigenschaften hatte. Wurden bestimmte Eigenschaften gelobt und gefördert? Waren manche Eigenschaften unerwünscht? Inwieweit sind deine Eltern Vorbilder für deine Eigenschaften?
Bitte überleg dir nun, welche Charaktereigenschaften von dir in deinem bisherigen Leben zu kurz gekommen sind. Überleg dir, in welchen Situationen und mit welchen Menschen du das Gefühl hast, deinem Charakter gerecht werden zu können. Fördere bewusst solche Situationen in deinem Alltag.
Tipp 3: Was möchtest du in Zukunft gern machen?
Frag dich das bitte. Was sind deine Interessen und Hobbys? Was interessiert dich wirklich? Viele Menschen trauen sich nicht, sie selbst zu sein. Gewohnheitsmäßig schauen sie, was ihr Gegenüber erwartet, und sind bemüht, diese Erwartung zu erfüllen. Viele meinen auch, so wie sie sind, genügten sie nicht. Notiere bitte alles, was du gern machst und was du in Zukunft gern machen würdest. Berücksichtige dabei, welche Werte dir wichtig sind. Für welche Werte möchtest du einstehen? Werte können zum Beispiel sein: Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Freundschaft, Erkenntnis, Freiheit, Mut… Dann schau bitte, welchen Einfluss deine Eltern auf deine Interessen und Hobbys genommen haben. Gleich auch deine Werte mit deinem Elternhaus ab.
Fazit: Das Ziel dieser Übungen ist, dass du dir deiner selbst bewusst wirst und gleichzeitig eine innere Renovierung vornimmst. Es geht nicht darum, grundsätzlich abzulehnen, was von den Eltern kommt, sondern darum, dir eine eigene Meinung zu bilden. Alles, was du nicht als zu dir gehörig empfindest, kannst du entsorgen!